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Erstellt am: 09 Feb 2018 : 17:40:54 Uhr
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es ist für mich klar, dass man eine stadt mit über 1000 einwohnern nicht in realistischen maßstäben auf einem LARP darstellen kann, jedoch war ich aufgrund der zusammensetzung der "aufgebrachten bürger", dem friedensrichter und etwaiger argumente etwas enttäuscht, inwiefern das die "stadt" genannte partei (auf SIL2) repräsentieren sollte.
ebenso scheint es große verwirrungen zu geben, was die unterschiede zwischen "stadtrecht", dem "recht in der stadt", dem "bürgerrecht", den "bürgern" der stadt und den "bewohnern" der stadt ist.
das "stadtrecht" gewährt einer ansammlung von behausungen (im volksmund "dorf" genannt) das recht eine stadtmauer zu besitzen, eine eigene garde aufzustellen, sich selbst zu verwalten und in weitem maße selbstständig gerichte abzuhalten, also auch ihre bürger "der gerichtsbarkeit des örtlichen barons" zu entziehen. diverse (natürlich nicht alle) abgaben (wie für markt, handel und zölle) fließen von da an auch in die stadt und nicht mehr an den provinzherren (HdR). unter umständen besitzt auch eine stadt kein hochgericht und muss schwerverbrecher woanders verurteilen lassen (PuD). "für gewöhnlich" liefern städte ihrer bürger nicht aus, sondern verhandeln den fall vor eigenem gericht (PuD).
das stadtrecht kann nur vom provinzherren, oder vom kaiser verliehen werden (HdR). es kann aber auch sein, dass sich die stadt das recht selbst zusichert, indem sie bei einem schwachen herren ungehindert selbst eine stadtmauer errichtet (garetien.de).
davon unabhängig gibt es noch wenige "reichsstädte", die durch ein explizit vom kaiserhaus verliehenes recht, nur noch diesem abgaben und gefolgschaft schulden (z.b. alt-gareth, eslamsgrund und punin).
darüber hinaus gibt es noch weniger "freie städte", die sich völlige unabhängigkeit erstritten haben (z.b. grangor, s. A102, "die geheimnisse von grangor"). bei einigen anderen städten ist das genaue gegenteil der fall und sie unterliegen trotz stadtrechtes "landesherrlich" dem besitz einer provinz, oder eines grafen (z.b. greifenfurt, oder ferdok). speziell im falle eslamsgrund handelt es sich sogar um eine landesherrliche reichsstadt (PuD).
der begriff "freie stadt" wäre ein beispiel von begriffen, die von wiki-aventurica falsch benutzt werden (dort wird nicht zwischen "freier stadt" und "stadt" wie z.b. in HdR zu unterschieden). garetien.de scheint konsistent orte sehr übersichtlich nach "dorf", "markt" (ein dorf mit dem "marktrecht", also dem recht einen markt abzuhalten und daraus gewinn für sich selbst zu ziehen) und "stadt" zu differenzieren.
das stadtrecht ist also eine (vom kaiserhaus) wohldefinierte und einheitliche sache, dessen ausnahmen (freistadt und landesherrlich) sich auch klar unterscheiden lassen.
der "stadtrat" regiert die klassische "stadt" und setzt sich aus zunftherren, reichen patriziern, oder (so praios bewahre) aus der bürgerschaft gewählten stadträten zusammen (PuD).
der "stadtmeister" ist der vorsitzende des stadtrates und offizieller vertreter der stadt. er wird auch "bürgermeister, ratsmeister, magistrat, oder gemeinderat" genannt und hütet stadtsiegel, sowie die schlüssel zu den toren der stadt. er wird in der regel für 1 jahr aus dem rat gewählt (PuD).
das "bürgerrecht" gewährt gewisse privilegien wie das ausüben eines anerkannten handwerks (also dafür geld verlangen zu können), vor gericht gehört werden zu dürfen und (natürlich städtischen) grundbesitz zu erwerben. damit ist jedoch auch die pflicht (beim "bürgereid") verbunden sich als "spießbürger" an der verteidigung der stadt (durchaus auch rein finanziell und eben auch bei instandsetzungsarbeiten) zu beteiligen. auch verpflichtungen z.b. für löscharbeiten sind erwähnt.
es ist möglich sich als "gebrechlicher, kranker, oder schwächlicher" davon befreien zu lassen "den spieß zur wacht zu tragen".
besonders der teil "vor gericht gehört zu werden" hebelt das ansonsten durch den status eines freien erlangte gleiche recht aus und fremde müssen sich (teure) fürsprecher, oder kurzfristige "stadtbriefe" besorgen um nicht ansonsten "(...)keine, oder nur eingeschränkte rechtspersönlichkeit(...)" zu besitzen (PuD).
das erlangen des bürgerrechts ist an individuelle und oftmals sehr hohe vorraussetzungen gebunden (s.u.).
das bürgerrecht kann nicht vererbt, aber leicht wieder verloren werden (z.b. durch kapitalverbrechen, oder schweren wortbruch), was sich in verbannung (möglicherweise auch der sippschaft) und enteignung des grundbesitzes äußert (PuD).
das bürgerrecht ist also auch weitestgehend definiert, sicherlich nicht einheitlich, aber sicherlich auch nicht unvorhersehbar.
die "spießbürger" sind die waffentreuen (s. heerbann) einer stadt. ein jeder "bürger" ist verpflichtet eine begrenzte zeit bei den "spießgesellen" zu dienen, wobei auch hier eine befreiung durch eine wehrsteuer möglich ist. es wird in dieser zeit ein ständiger waffen- und ausbildungseinsatz erwähnt, jedoch gilt dieser (im beispiel gareths) nur für etwa ein zehntel der truppenstärke (HdR). die ausbildung ist also durchaus mit der restlichen landwehr (eines heerbannes) zu vergleichen, also bestehen die spießbürger keinesfalls aus soldaten, sondern haben eigene professionen und begrenzte ausbildungszeit (wahrscheinlich auch nur um die 8 wochen im jahr). eine besondere organisation (in festen und eingespielten formationen und regimentern) ist nicht erwähnt.
die betonung "spieß" leitet sich von den vornehmlich geführten infanteriewaffen ab. durch diese im durchschnitt eines heerbannes bessere bewaffnung sind spießbürger häufig in der lage (einfache) schwere infanterie zu bilden, im gegensatz zum durchschnitt eines typischen heerbanns (leichte infanterie und viele bogenschützen).
"bürger" einer stadt wird, wer den bürgereid ablegt und damit das bürgerrecht erlangt. es wird neben dem üblichen stand auch zwischen "größbürgern" (die reichen pfeffersäcke und patrizier) und "kleinbürgern" (lediglich grundbesitz) unterschieden.
der rest setzt sich aus "nichtbürgern" darunter auch unfreien zusammen. in diesem zusammenhang gibt es sicherlich die möglichkeit nach einem jahr und einem tag den stand eines freien zu erlangen, jedoch ist dies an das bürgerrecht geknüpft, das man erst nach diesem zeitraum fordern kann. zusammen mit den variablen vorraussetzungen des bürgerrechts in diversen städten (z.b. grundbesitz, der stand eines freien, ein mindeststeuersatz, diverse bürgen), kann es sehr schwer, kaum möglich, oder schlicht unmöglich sein, tatsächlich in einer spezifischen stadt durch "stadtluft frei" zu werden (PuD).
es ist unklar wie groß der anteil an nichtbürgern einer stadt ist, womöglich ist dieser aber sehr groß, da sich kaum alle einwohner grundbesitz leisten können (um wenigstens zu den kleinbürgern zu gehören). PuD zählt dazu mindestens alle bewohner des "armenviertels".
unter umständen ist das bürgerrecht auch über die "ehrenbürgerschaft" möglich, die z.b. einen verdienten helden alle bürgerrechte garantiert (und womöglich eine kleine rente aus der stadtkasse verleiht), aber für gewöhnlich auch mit verpflichtungen (z.b. niederlassung und stadtverteidigung) einhergeht (PuD).
sieht man genau hin erscheint viel widersprüchliches (wie will man durch den bürgereid frei werden, wenn die grundbedingung der stand des freien ist?). das ist ganz leicht zu plausibilisieren da PuD hier lediglich beispiele aufführt. in einer stadt will man halt keine vagabunden und erlaubt nur reichen, freien pfeffersäcken den grundbesitz und das bürgerrecht, woanders kann man das bürgerrecht halt leichter erlangen.
das "recht in der stadt" kann vielfältig sein, auch ab welcher (räumlichen) grenze dieses endet, oder ob es in unterschiedlichen stadtteilen auch unterschiedliche gesetze, verordnungen und fallstricke gibt. für alle städte gilt, dass sie "(...)als die geordnetsten gemeinwesen bezeichnet werden, die aventurien kennt. die freie fehde vom lande hat innerhalb ihrer mauern keinen akzeptierten platz." -PuD, s. 17
die "stadtgarde" setzt das vornehmlich das recht in der stadt um und sorgt allgemein für ordnung. die schattenseiten sind, dass die stadtgarde erst einmal ein verlängerter (besoldeter) arm des stadtrates sind und weitreichenden interpretationsspielraum in "regelmäßig lückenhaft, oder sehr vage gehaltenen" stadtverordnungen haben (PuD).
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