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 Die Wege des weißen Bären
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Brynna
Junior Mitglied


66 Beiträge

Erstellt am: 24 Sep 2004 :  06:38:15 Uhr  Profil anzeigen
Als die Sonne hinter den Wipfeln der Bäume verschwunden war, erhob sich über dem Meer ein kühler Wind, der die letzten Regentropfen des Nachmittags aus den Blättern schüttelte und die einsame Reisende frösteln ließ. Brynna war von der langen Wanderung erschöpft und sie wusste, dass es höchste Zeit wurde, sich einen Platz für ihr Nachtlager zu suchen, aber sie wollte noch nicht innehalten. Obwohl sie den ganzen Tag gelaufen war, kam es ihr so vor, als wäre sie dem kleinen Dorf, das sie am Morgen schweren Herzens verlassen hatte, noch viel zu nah. Wenn es erst dunkel war und nichts anderes zu tun gab als still zu sitzen und in die Flammen des Kochfeuers zu starren, würde die Sehnsucht nach den Menschen von Haibuthar mit kleinen spitzen Zähnen an ihrem Herzen nagen. Je müder sie war, desto schneller würde sie einschlafen und wer schlief, kannte kein Sehnen. Entschlossen schritt die Frau noch einmal aus. Sie wollte auf jeden Fall bis zu dem Hügel laufen, den sie in der Ferne gerade noch erahnen konnte. Dort würde sie sicher auch einen trockenen Platz im Schutz eines kleinen Überhangs finden und noch war es hell genug...

Dem Nordwind ist es egal ob du lebst oder stirbst! Glaubst du, es macht für mich einen Unterschied...

Brynna
Junior Mitglied


66 Beiträge

Erstellt  am: 24 Sep 2004 :  14:38:33 Uhr  Profil anzeigen
Als Brynna einem Wildwechsel zu der windabgewandten Seite des Hügels folgte, war der Abend jedoch schon so weit fortgeschritten, dass sie unter dem dichten Laub der Steineichen nicht einmal mehr den Boden zu ihren Füßen erkennen konnte. Es wäre vernünftiger, die kleine Öllampe aus dem Tragekorb zu holen, als sich auf das Glück zu verlassen und in der zunehmenden Dunkelheit einem unbekannten Weg zu folgen. Aber bis sie die Lampe unter ihrem Mantel, dem Essgeschirr und ihren Vorräten hervor gekramt hatte, könnte sie auch schon einen passenden Lagerplatz gefunden haben. Vielleicht hinter der nächsten Wegbiegung...!
Plötzlich bröckelten Sand und Steine unter dem Fuß der nächlichen Wandererin weg und polterten eine bodenlosen Abhang hinunter. Brynna wollte rasch nach einem tiefhängenden Ast greifen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, doch das Holz war morsch und der große Korb auf dem Rücken behinderte sie so, dass sie bei ihrem hastigen Versuch, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen, strauchelte. Weitere Steine kamen ins Rollen und im nächsten Augenblick rutschte die Waldläuferin in einer Lawine aus Schutt und Schotter den steilen Hang hinab...

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Brynna
Junior Mitglied


66 Beiträge

Erstellt  am: 26 Sep 2004 :  18:48:31 Uhr  Profil anzeigen
Die Waldläuferin blieb einen Augenblick reglos liegen, bevor sie vorsichtig erst den einen und dann den anderen Arm bewegte. Das rechte Handgelenk protestierte schmerzhaft, aber es schien nicht gebrochen zu sein. Langsam setzte sie sich auf. Vermutlich hatte sie sich den Rücken und die rechte Hüfte grün und blau gefallen, aber es hätte schlimmer kommen können. Mit einem Seufzer der Resignation blickte sie sich um. Bei dem Sturz hatte sie ihren Tragekorb verloren, und ihre Habe lag über den halben Hang verstreut. Wenn sie nicht riskieren wollte, dass die kleineren und größeren Wanderer der Nacht alles durchstöberten und das Essbare fortschleppten, würde sie ihre Sachen wohl oder übel einsammeln müssen, bevor es völlig dunkel wurde. Doch als sie sich umdrehte, um auf Händen und Knien den Hang hinaufzuklettern, fuhr ein sengender Schmerz durch ihr linkes Bein. Der Knöchel war entweder verstaucht oder gebrochen. So oder so... - sie musste den Stiefel ausziehen, bevor das Gelenk so stark geschwollen war, dass sie den Schuh nur noch vom Fuß schneiden konnte. Brynna ließ sich einen Augenblick Zeit, bis die Schmerzen wieder abebbten, dann suchte sie sich zwei dünne Bäumchen, die so dicht nebeneinander wuchsen, dass sie ihre Ferse dazwischen stecken konnte wie in einen Stiefelknecht. Den unverletzten Fuß stemmte sie gegen die beiden Stämmchen und zog mit aller Kraft. Der Stiefel schien etwas nachzugeben, doch im nächsten Moment spürte sie ein scharfes Knirschen in ihrem Knöchel und der Boden kippte unter ihr weg...

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Brynna
Junior Mitglied


66 Beiträge

Erstellt  am: 26 Sep 2004 :  21:49:40 Uhr  Profil anzeigen
Es war stockdunkel, als Brynna wieder zu sich kam und es dauerte eine Weile, bis ihr einfiel, wie es dazu gekommen war, dass sie mit pochendem Knöchel und einer geprellten Hüfte in dieser regnerischen Nacht unter freiem Himmel lag. Sie war als Heilerin erfahren genug, um zu wissen, dass sie sich keine schweren Verletzungen zugezogen hatte. Ihren gebrochenen Knöchel würde jeder Medicus in wenigen Tagen wieder zusammenflicken. Doch in der Einsamkeit des Waldes gab es keinen Medicus, den sie um Hilfe bitten konnte. Nicht ihre Wunden sondern ihre Hilflosigkeit würde sie töten. Als sie spürte, dass sich ihr Herz bei diesem Gedanken zu einem eisigen Klumpen zusammenballte, nahm sie Zuflucht zu einem Gebet:
"Herr Firun, ich bitte dich, höre mich an." Es kostete sie ihre ganze Kraft, wenigstens das Zähneklappern zu unterdrücken. "Schenke mir Zuversicht, dass ich ohne Klagen über die dunkle Schwelle schreite. Schenke mir Mut, dass ich ohne Furcht unter deine Augen trete. Herr Firun sei mir gnädig und schenke mir einen raschen Tod..."

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Bearbeitet von: Brynna am: 26 Sep 2004 21:53:14 Uhr
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Brynna
Junior Mitglied


66 Beiträge

Erstellt  am: 27 Sep 2004 :  06:54:57 Uhr  Profil anzeigen
"Du solltest ihn lieber um ein langes Leben bitten. Der alte Brummbär will dich nämlich noch nicht in der immergrünen Ebene sehen." Obwohl noch nicht einmal der Mond am Himmel stand, konnte Brynna die Frau, die plötzlich zwischen den Bäumen hervortrat, so deutlich erkennen, als wäre es hellichter Tag. Ihr Gesicht war so alt wie das der Erdmutter selbst, aber ihre Stimme war klangvoll und sie bewegte sich mit würdevoller Leichtigkeit.
"Trink davon erst einmal einen Schluck." Sie half der Waldläuferin, sich ein wenig aufzurichten, bevor sie ihr einen kleinen Trinkbeutel an die Lippen setzte. Wie flüssiges Feuer rann die Flüssigkeit ihre Kehle hinab. Die Fremde nickte zufrieden.
"Und jetzt ruh dich ein bisschen aus, während ich mich um alles Notwendige kümmere." Zuerst half sie der Verletzten, die nassen Kleider auszuziehen und wickelte sie in eine warme Wolldecke, bevor sie sie auf ein bequemeres Lager aus dünnen Zweigen und durftendem Farnkraut bettete. Dann hörte Brynna wie sie den Hang hinauf- und wieder hinunterstapfte, um die verstreute Habe einzusammeln. Sie wollte der alten Frau sagen, dass sie sich nicht die Mühe machen sollte, mitten in der Nacht in dieser tückischen Geröllhalde herumzuklettern, aber jedes Wort erschien ihr viel zu anstrengend. Ihr ganzer Körper fühlte wohlig warm und bleischwer an, als die Fremde zu schließlich zu ihr zurückkam.
"Das sieht doch schon wieder viel besser aus." Es kostete Brynna unendliche Mühe, wenigstens zu nicken, doch die alte Frau schien auch keine Antwort zu erwarten. Sie nahm den verletzten Knöchel in beide Hände und murmelte fremdartige Worte, die fast wie ein Lied klangen, auf dem Brynnas Geist in das Land zwischen Wachen und Schlafen reiste...

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Brynna
Junior Mitglied


66 Beiträge

Erstellt  am: 27 Sep 2004 :  21:42:34 Uhr  Profil anzeigen
Brynna ist in einer Höhle, in der die Dunkelheit schwärzer ist als eine Nacht ohne Mond und ohne Sterne. Obwohl ihre Augen blind sind, finden ihre Füße den Weg und ihr Herz schlägt im Gleichklang mit der Trommel, die sie gerufen hat. Ihr Weg führt tiefer und immer tiefer hinab in den Schoß der Erdmutter. Plötzlich sieht sie in der Ferne den Widerschein eines flackernden Leuchtens. Sie will darauf zueilen, aber als sie nur in die Richtung schaut, ist sie auch schon da. Sie verbeugt sich tief, bevor sie über den ockerfarbenen Schwellenstein in die Höhle der Großmütter tritt. Ein kleines Feuer brennt in einer steinernen Schale und daneben steht die alte Frau, die ihr in einer anderen Welt beigestanden hat, als sie sich dem Tode näher gefühlt hatte als dem Leben. In ihrem Händen hält sie eine Trommel, die so machtvoll klingt wie der Herzschlag der Erde.
"Da bist du ja endlich, mein Kind. Ich warte schon so lange auf dich."
"Bitte verzeih mir dass ich..." Brynna hätte am liebsten gesagt, dass sie den Ruf erst eben vernommen hatte, aber an diesem heiligen Ort war kein Platz für Feigheit und Lüge. "Ich hatte Angst, deinem Ruf zu folgen, Großmutter. Es hat mich so viel Kummer und so viele Tränen gekostet, meinen Platz in der Einsamkeit des Waldes zu finden... - Ich will nicht mehr in die Gemeinschaft der Menschen zurückkehren."
"Brynna Wolfslied Irminsdottir, Tochter meiner Urgroßtochter! Um unseres Blutes willen bitte ich dich. Bring den weißen Hirsch zurück nach Hause. Nur wenn er nach Haibuthar zurückkehrt, kann Herr Firun den Alten Hag vor dem Zorn des Greifen beschützen."

Plötzlich steht Brynna oben auf einer Klippe am Rande des Meeres. Der Wind umtost die schroffen Felsen und peitscht die Gischt der Wellen bis zu dem schmalen Fußweg hinauf, doch die Waldläuferin spürt weder den kalten Biss des Windes noch die scharfen Kanten der Steine unter ihren nackten Füßen. Während sie mit schlafwandlerischer Sicherheit durch die Nacht schreitet, blickt sie unverwandt auf die Lichter, die ihr aus den Fenstern der reedgedeckten Hütten da unten entgegen blinzeln. In ihren Händen hält sie den Schädel eines Hirsches...

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Bearbeitet von: Brynna am: 29 Sep 2004 06:30:32 Uhr
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Brynna
Junior Mitglied


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Erstellt  am: 28 Sep 2004 :  06:32:03 Uhr  Profil anzeigen
Als Brynna erwachte, schien die Sonne warm in das Lager unter dem Wurzelstock eines umgestürzten Baumes. Sie fühlte sich erfrischt wie nach einem langen Schlaf auf einer weichen Matratze. Dabei konnte sie doch nur ein paar Stunden geschlafen haben und die Prellungen, die Abschürfungen, der gebrochene Knöchel...? Doch ihr Körper schien sich nicht an die Verletzungen zu erinnern, die sie sich bei dem Unfall zugezogen hatte. Vorsichtig setzte sich die Waldläuferin auf und blickte sich um. Ihr Tragekorb hing zum Schutz gegen nächtliche Räuber hoch oben an einem Wurzelstrunk. Ihre Kleider lagen ausgebreitet zum Trocknen über dem Baumstamm. Neben ihrem Lager fand eine Feuergrube - die Asche darin war sogar noch warm - und einen kleinen Vorrat von Brennholz. Während die einsame Wandererin das Feuer darin neu entzündete, um Wasser für eine Schale Tee heiß zu machen, zweifelte sie daran, ob sie den Sturz und die Begegnung mit der alten Frau wirklich erlebt hatte. Vielleicht war es ja nur ein Traum gewesen. Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als plötzlich ein sachter Wind durch die welken Blätter einer jungen Steineiche raschelte.
"Bring ihn zurück nach Haibuthar", schienen sie zu flüstern. "Nur wenn der Hirsch nach Hause zurückkehrt, kann der Bärenvater unseren Alten Hag beschützen..."

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Bearbeitet von: Brynna am: 29 Sep 2004 06:29:30 Uhr
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Brynna
Junior Mitglied


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Erstellt  am: 29 Sep 2004 :  06:54:08 Uhr  Profil anzeigen
Drei Tage später kam Brynna wieder zurück nach Haibuthar. Sie spürte, dass ihr Herz schneller schlug, als ihr der Wind nicht nur den Geruch des Meeres sondern den Rauch von Kochfeuern entgegentrug und ein Lächeln überstrahlte ihre strengen Züge, als sie den fernen Widerklang eines Schmiedehammers hörte. Als sie ihre Gedanken dabei ertappte, dass sie ihren Füßen vorauseilten, um nach einem schlanken blonden Mann auszuschauen, hielt sie einen Augenblick inne, um sich wieder zu sammeln. Sie war hier, weil Firun sie hier her gesandt hatte und nicht um dem Ruf des Frühlings zu folgen. Der Regen und die Stiefel der vielen Fremden hatten die schmalen Pfade, die von den Klippen hinunter in das Dorf führten, in schlammige Rutschbahnen verwandelt, sodass die Wandererin einige Mühe hatte, sich auf den Füßen zu halten.
"Oh, Brynna..." Es war die alte Pryda, die die Waldläuferin zuerst entdeckt hatte. "Was hast du denn diesmal vergessen?" Sie zwinkerte der jüngeren Frau vergnügt zu, doch Brynna gab vor, es nicht zu bemerken.
"Der Bärenvater hat mich hier her zurückgeschickt. Ich muss unbedingt mit Phileas sprechen und... - gibt es hier eigentlich einen Skalden oder jemand anderen, der die Geschichte eures Dorfes kennt...?"

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